Mein Gott, wer hat dem Kind nur diesen Namen gegeben? Nun ja, es gibt Schlimmeres. Namen wie Pepsi Cola, Pumuckl und Emanuelle – da bin ich doch noch ganz gut weggekommen, tröste ich mich immer, wenn ich in Geburtsanzeigen die kreativen Namensschöpfungen lese. Aber mal ehrlich, mit dem Namen Bernadette kommt man auch nicht überall gleich gut an.
In der Schule ging das schon los. Mein Lehrer, begeistert von diesem klangvollen Namen legte die Betonung auf die erste Silbe. Es sollte echt französisch klingen. Bernadette, hat er mich immer genannt. Wie gesagt, Betonung auf der ersten Silbe.
Meine Mitschüler fanden das spaßig. Betonung auf der ersten Silbe nannten sie mich kurz Berna. Meine Mutter hatte da nun überhaupt kein Verständnis. Sie wollte ja, dass ich französisch klinge: Bernadette. Sonst hätte sie mich ja auch Brigitte nennen können. Hat sie aber nicht.
Ja, und dann hat sie selbst für die große Katastrophe gesorgt. Sie hat laut nach mir gerufen. Im Zorn versteht sich, weil ich mal wieder auf der Straße hängen geblieben bin und nicht pünktlich nach Hause kam.
BERNADETTEEE hat sie gerufen. Mit lang gezogenem „E“ versteht sich. Ja, und schon hatten wir den Schlamassel. So etwas merken sich die Leute in unserm Dorf. Von jetzt ab hieß ich DETTEEE mit lang gezogenem E oder aber Bernadedde. Doppel D und E dazu. Hört sich schauderhaft an.
Ein Name und so viele Möglichkeiten, am hartnäckigsten hält sich die grobe Aussprache mit Doppel D/E
Und wieder war es ein Lehrer, der für eine neue Namensgebung sorgte. „Miss BB“ hat er mich genannt. Es war mein Englischlehrer, der dieses Kürzel ins Leben rief. Und wieder haben die Mitschüler das richtig spaßig gefunden. Von nun an hieß ich BIBI. Vom 5. bis zum 10. Schuljahr klebte dieses Kürzel an mir. Bibi. Na ja, zu meinen Sommersprossen passte dieser Name ja ganz gut. Aber meine Mutter… Sie war entsetzt. „Kind, wie kannst du das nur zulassen? Dein Name ist Bernadette. Französisch, verstehst du? So hieß die Tochter von Familie Nouri, du weißt ja.“ Ja, ich wusste. Familie Nouri war in Mamas Kopf festgewachsen. Die französische Lebensart hatte sie fasziniert. Und erst der Name Bernadette. Wenn Nouris nicht gewesen wären, dann hieße ich heute Brigitte, aber so. Nun ja, jetzt wissen ja alle meinen Namen.
Später fing ich an diesen Namen mit Stolz zu tragen. War doch ein bisschen extravagant. Mein Name ist Bernadette, Betonung echt französisch. Nun, was soll ich sagen, in Verbindung mit meinem Nachnamen war der Name ein echter Klangkörper. Bernadette Biedenbender. Doch hin und wieder gabs Ärger. Vollständige Unterschrift, mit Vor- und Zunamen. Ja wie soll das denn klappen auf einer Fahrkarte im Miniformat. Fantasiebegabtes Kind, das ich war, habe ich den Nachnamen auf der Rückseite hingeschrieben. Dem Schaffner hat das überhaupt nicht gefallen. Dummbeutel. Hatte überhaupt keinen Funken Humor.
Selbst beim Unterschreiben der Heiratsurkunde hat sich mein langer Name zum letzten Mal gegen mich verschworen. Alle Namen, Vor- und Zuname, geb. und zweiter Vorname.
Ha, ich habe den Rahmen gesprengt. Bernadette, Katharina Heim geborene Biedenbender.
Warum ich keinen Doppelnamen führe? Nun, das erklärt sich von selbst. Am Telefon würde das etwa so klingen Biedenbender-Heim guten Tag. Da müssen doch alle denken, sie hätten sich verwählt und wären in irgendeiner Institution gelandet. Oder zu Zeiten, als ich noch bei Boehringer gearbeitet habe. Da hätte ich dann sagen müssen. Boehringer Ingelheim, Biedenbender-Heim guten Tag. Oder Boehringer Ingelheim, sie sprechen mit Frau Biedenbender-Heim guten Tag. So viel Luft kann man auf einen Schlag gar nicht holen.
Also, kurz und bündig. Bernadette Heim. Lässt sich prima schreiben.